Möchte alle Panzer- und Technikinteressierten auf dieses Buch (Motorbuch-Verlag) aufmerksam machen. Für Schochi: Ist keine Werbung, ich bekomme keinerlei Tantiemen. Das Buch behandelt nicht nur Kampfpanzer (Spanne ca. T72 bis T14 Armata), sondern generell alle möglichen gepanzerten Militärfahrzeuge der heutigen russischen Armee. So gibt es Kapitel zu Ketten- und Radschützenpanzern, allgemein zu geschützten Militärfahrzeugen und Lkw sowie zu Flugabwehrwaffen (tragbar und auf SFL). Bin kein Experte, aber der Überblick scheint ziemlich umfangreich und gut recherchiert, interessant für die ehem. Mot.-Schützen dürften v.a. die Ausführungen zu den BMP2 und 3 sowie den damit verbundenen Modernisierungen in Ausstattung, Feuerleitsystemen und Bewaffnung sein. Die zu geringe Panzerung ist nach wie vor Hauptschwäche dieser Serien.
Der neue russische T14 Armata wird in dem Buch durchaus auch kritisch beleuchtet, so hat er bis heute noch nicht seine endgültige Truppenerprobung hinter sich (die öffentliche Vorstellung war 2015, die Entwicklungen liefen also schon viel länger!). Es gibt dort Probleme mit Fahrwerk, Getriebe, Feuerleitelektronik und Richtanlage, an denen wohl immer noch herumgedoktort wird. Auch die völlige Abhängigkeit der Besatzung von der Elektronik und Fragen der Bedienergonomie und -komplexität werden von Militärexperten sehr wohl als problematisch gesehen, was das russische Militär bisher davon abhielt, größere Aufträge zu erteilen. Und ich hatte mich immer gewundert, warum die nicht ihre Wunderpanzer einsetzen. Diese Frage zumindest wurde für mich durch das neue Buch gut geklärt.
Das Buch ist (typisch für den Motorbuch-Verlag) etwas technikbetont (um nicht zu sagen technoid-technokratisch) gehalten und versucht sich einigermaßen unpolitisch zu geben, aber der Ukraine-Krieg wird schon deutlich als solcher benannt und es wird auf die völlig geänderten Anforderungen der heutigen Konflikte im Vergleich zu den Doktrinen und Plänen der damaligen Sowjet-Zeit detaillierter eingegangen. Mit Ausnahme der völligen russischen Neuentwicklungen (Armata-Plattform) hat ja die Ukraine nahezu dasselbe Zeug aus den Zeiten der Sowjetarmee, mit einigen eigenen Modernisierungen.
P.S.: Auch wenn das kein politisches Forum ist, meine persönliche Meinung ist, dass dieser entsetzliche Krieg, der ja eigentlich zwischen alten Brudervölkern tobt, schleunigst beendet werden muss, meinethalben unter Abtretung einiger Gebiete, und dass es für die Zeit danach sowohl feste und international auch durchsetzbare Nichtangriffsgarantien für die Ukraine (und Russlands andere Nachbarn) als auch eine ausreichende Berücksichtigung der legitimen Sicherheitsinteressen Russlands geben muss, wie auch immer das dann im Detail aussehen mag. Eine waffenstarrende NATO an Russlands Grenzen sehe ich dabei als wenig hilfreich und nicht zielführend, auch wenn ich das Schutzbedürfnis der Staaten im Baltikum nach deren Abspaltung durchaus auch verstehen kann. Eine sehr schwierige und verfahrene Situation, für die ich keine Patentlösung habe. Man kann nur hoffen, dass Vernunft und die Sehnsucht nach Frieden wieder die Oberhand gewinnen. Ohne einige Kompromissbereitschaft auf beiden Seiten wird es hier keine gute Lösung geben. Ich plädiere hier für mehr Diplomatie und Dialog und weniger militärisch-technische "Lösungen". Wir sehen ja, wohin das führt, es eskaliert immer mehr und findet einfach kein gutes Ende...