Hallo Bernd! Ich sehe das genauso. Im Bd.2 „Was war die NVA“ hat der Oberst a.D. Prof. Dr. sc. Wilfried Hanisch zur Rolle der NVA einen hervorragenden Vortrag gehalten, über 40 Seiten, die ich hier natürlich nicht wiedergeben kann. Aber zum Abschluss zitiert er noch einmal Egon Bahr, das ist im von dir genannten Artikel schon enthalten, aber der ist noch etwas länger und den will ich euch nicht vorenthalten: Egon Bahr war vom 1.7. bis 2.10.1990 als Berater bei Minister Eppelmann tätig: Ich zitiere: „Zur Geschichte der NVA gehört, dass sie lange vor der Wende, wozu noch Mut gehörte, der politischen Führung der DDR klarmachte, dass sie sich nicht gegen das Volk einsetzen lassen würde. Was später ‚friedliche Revolution‘ genannt wurde, fand seine Fortsetzung in einer verantwortungsbewussten Haltung, die nicht zuließ, den Neigungen nachzugeben, die den eigenen Forderungen durch Demonstration Nachdruck verleihen wollten: Rollende Panzer (voll betankt und munitioniert waren sie jederzeit einsatzfähig) hätten mehr Eindruck gemacht als die Bauern, die vor der Volkskammer ihre Milch verschütteten. Es war der Stolz einer Armee, sich geordnet und diszipliniert einzubringen oder zu übergeben oder sich aufzulösen, jedenfalls ihre Geschichte zu beenden.. Es ist zweifelhaft, ob das auch so ruhig verlaufen wäre, wenn den Betroffenen in vollem Umfang die Konsequenzen der Regelungen klar gewesen wären, die am 12. September die westdeutsche Seite vorlegte und die im Wesentlichen nur noch angenommen und durch den Minister, der sich immer noch als verantwortlich bezeichnete, verkündet werden konnten. Von da an wurde nur noch umgesetzt, abgewickelt, aufgelöst, übergeben. Drei Wochen später, am 3. Oktober, verweigerte die westdeutsche Seite der ostdeutschen den symbolischen Akt der Würde, die alte Fahne einzuholen, die neue zu hissen, den Einschnitt auch musikalisch durch das Abspielen der alten und dann der neuen Hymne zu markieren. Die Rede des alten Ministers anlässlich der Übergabe der NVA vergaß man zu drucken. In der Nacht wurde die Ehrenformation in die neuen Uniformen eingekleidet; es kostete Überzeugungskraft, um zu bewirken, dass alle neuen Bundeswehrsoldaten die üblichen Uniformen tragen durften, also nicht nur die Kampfanzüge, in die man sie stecken wollte. Damit das keine psychologischen Verletzungen hervorrief, verkleideten sich die hohen Offiziere aus Bonn, die zum Übergabe-Akt Minister Stoltenberg begleiteten, auch in Kampfanzüge, in denen sich die meisten noch nie gesehen hatten, was sie recht komisch fanden, zumal einige Herren etwas voller geworden waren. Ebenso verständlich, dass die neuen Kameraden, erstmals äußerlich ununterscheidbar, das Gefühl der Komik nicht teilen konnten. Viele aus Bonn hatten ihre Damen mitgebracht, es war ja auch ein toller Anlass. Die neuen Bundeswehroffiziere waren ohne weibliche Begleitung; vielleicht hatte man vergessen, sie einzuladen; denn niemand wollte die fremden Landsleute verletzen. Das wäre alles nicht erinnernswert, würde es nicht die psychologische Verkrampfung zeigen, die auch aus der Diskrepanz zwischen der bekundeten Freude über die Wiedervereinigung und der Realität herrührte.“ Ja, da hatte er sehr recht, der Egon Bahr.
Ich hab heute noch etwas gefunden, ebenfalls vom u.g.Oberst a. D. Hanisch, das können wir sehr gut als Argument nutzen, wenn es mal wieder nötig ist. Ich zitiere: Es ist heute üblich geworden, von den beiden Diktaturen in Deutschland zu sprechen. Ein Vergleich des Verhaltens der Armeen beider Diktaturen macht aber nicht unwesentliche Unterschiede sichtbar: Die Armee der ersten Diktatur hat nicht nur andere Völker mit einem verheerenden Krieg überzogen, sondern wesentlich dazu beigetragen, das deutsche Volk in die schlimmste Katastrophe seiner Geschichte zu stürzen und sie hat - mit wenigen Ausnahmen - insgesamt bis zum blutigen Ende gekämpft. Die Armee der zweiten Diktatur ist zwar auch nicht frei von Schuld, aber sie hat keine Kriege geführt und aktiv dazu beigetragen, daß die schließlich akute Systemkrise nicht zum blutigen Ende wurde.... Aber vor allem drängt sich angesichts dessen die Frage auf, wie im Gegensatz zu diesen unbestreitbaren Tatsachen heute in Deutschland mit den ehemaligen Soldaten beider Armeen umgegangen wird." Ja, die ersteren bekommen sogar die Dienstzeit in der Wehrmacht angerechnet, und wir sind gedient in fremden Heeren. Wenn es nicht so eine gottverdammte Sauerei wäre, könnte ich mich totlachen, aber den Gefallen tu ich ihnen nicht!!!
Bei einigen meiner Bewerbungen wurde mir damals auch zu verstehen gegeben und gesagt: "Ihre Dienstzeit bei der NVA erkennen wir nicht an, da Sie in einer Armee gedient haben, aber dieser Staat nicht mehr existiert " Bin froh jetzt Rentner zu sein und mit solchen Ar........n nichts mehr zu tun habe. Gruß Jürgen