Danke an Lutz. Leider nicht in der Mediathek, hier der Text:
Der Osten - Entdecke, wo du lebst | MDR FERNSEHEN | 03.03.201 | 20:45 Uhr DDR geheim: Der Kalte Krieg in der Rhön Ein Film von Beate Gerber
Ein Angriff von Seiten der Ostblockstaaten - ein Horrorszenario, mit dem der Westen jeden Tag rechnete. Nirgendwo wären die Alliierten in diesem Falle verwundbarer gewesen als in der Rhön, wo das Gebiet des ehemaligen Ostblocks am weitesten in den Westen hineinragte. Diese Achillesferse bot den Staaten des Warschauer Paktes die Möglichkeit, ihrem Feind ganz nah zu kommen. Axel Bulthaupt begibt sich auf Spurensuche. Gedenkstätte Point Alpha in Rasdorf Ein Frühlingstag in der Rhön: Kühe fressen zufrieden Klee und Löwenzahn von den grünen Wiesen. Wanderer erkunden unbehelligt von jeglichen Straßenlärm die sanft daliegenden Hügel, von denen man weit in die Landschaft im Herzen Deutschlands blicken kann. Kaum vorstellbar: Aber lange Zeit gehörte dieser idyllische Landstrich zu den gefährlichsten Orten der Welt. Mitten durch die Rhön verlief die innerdeutsche Grenze: Hier standen sich die Mächte des Kalten Krieges gegenüber und trafen Vorkehrungen für den Ernstfall. Axel Bulthaupt erzählt, wie die Rhön zum heißesten Ort im Kalten Krieg wurde und wie die Menschen mit der allgegenwärtigen Bedrohung umgingen.
Unbeschwerte Kindheit am Berg Ellenbogen
In ihrer Kindheit in den 1950er-Jahren konnte Inge Leutbecher die idyllischen Frühlingstage in der Rhön noch unbeschwert genießen. An die Stunden, die sie mit Freunden auf den Hängen des Berges Ellenbogens verbrachte, denkt sie immer noch gern zurück. 1961 änderte sich das schlagartig. Die Staatssicherheit zog auf den Ellenbogen und besetzte das Eisenacher Haus, ein Restaurant und späteres FDGB-Ferienheim. Zugang für die zivile Bevölkerung war ab diesem Zeitpunkt strengstens verboten. Es durfte nicht einmal mehr über das Eisenacher Haus geredet werden. Trotzdem sickerte bald durch, dass sich hinter den hohen Zäunen, die das Eisenacher Haus nun umgaben, ein Horchposten befand, der den Westen ausspionierte.
Erster tragischer Zwischenfall
Das Kräftemessen in der Rhön zwischen Ost und West hatte begonnen. Soldaten beider Blöcke beobachteten per Fernglas kritisch das Treiben auf der anderen Seite des Stacheldrahtzaunes. Hubschrauber taktierten argwöhnisch in der Luft. Im August 1962 entlud sich diese Spannung dann in einem tragischen Zwischenfall. Der NVA-Hauptmann Rudi Arnstadt starb direkt an der Grenze nahe Geisa, der einst am weitesten westlich gelegenen Stadt der DDR. Die Kugel eines westdeutschen Bundesgrenzschutz-Beamten traf ihn im rechten Auge. Doch wie kam es dazu? Hatte Rudi Arnstadt die Situation provoziert? Noch heute rätseln Kriminologen und Journalisten darüber.
Ein sozialistischer Held: Rudi Arnstadt Point Alpha wird gebaut
Nach dem Tod von Rudi Arnstadt spitzte sich die Lage zu. Ab 1965 verstärkten die US-Streitkräfte ihre Präsenz in der Rhön und bauten am sogenannten "Fulda Gap" den Vorposten Point Alpha, einen Beobachtungsstützpunkt nahe dem Ort, wo Rudi Arnstadt ums Leben kam. 40 Soldaten waren ab 1972 hier ständig stationiert; in Krisensituationen wurde auf 200 Mann aufgestockt. Weitere US-Einheiten wären im Kriegsfall schnell vor Ort gewesen, um den westlichen Teil der Rhön zu schützen. Nur ein Steinwurf von Point Alpha entfernt waren DDR-Grenztürme und Sperranlagen errichtet worden.
Das Ende des Kalten Krieges in der Rhön
Doch es kam zum Glück nie zum Ernstfall, die US-Soldaten mussten nicht ausrücken. Stattdessen fiel in Berlin die Mauer und damit wurden auch die Stacheldrahtzäune in der Rhön überflüssig. Zeit für die Bewohner in der Rhön, sich ihre Idylle zurückzuerobern: Inge Leutbecher, ihr Mann Rolf und andere Bewohner des kleinen Ortes Reichenhausen schlossen sich 1990 zu einem Sternmarsch zusammen. Ihr Ziel: die Stasi aus dem Eisenacher Haus und von dem Ellenbogen vertreiben. Mit Erfolg - die Abhöranlagen waren schnell verschwunden. Das Eisenacher Haus ist nun wieder ein Restaurant, wo sich Wanderer aus allen Himmelsrichtungen Deutschlands treffen und den freien Blick in die ganze Rhön genießen können.