Ich versuche es mal, Uwe. Sage aber auch gleich, dass ich dafür kein Spezialist bin.
Also, der Kreisel befindet sich im Heckteil der Rakete und hat die Aufgabe, die Rakete auf ihrem Flug in den einzelnen Ebenen zu stabilisieren. Die Rakete bekommt von der Rudermaschine die Lenk-Kommandos, welche vom Lenkpult des Richtlenkschützen über den s. g. Lenkdraht übertragen werden, für die Höhe und die Seite. Damit sich die Rakete nicht überschlägt bzw. auf ihrer Flugbahn bleibt, geben ihr die Stabilisierungsflügel einen Drall.
Der Kreisel ist über eine klein Stahlzunge mit dem hinteren Teil der Startschiene verbunden. Beim Start der Rakete bringt die Stahlzunge, welche an der Startschiene verbleibt, den Kreisel in die Drehbewegung (ich glaube 3600 Umdrehungen pro Minute. Wir haben gesagt "...der Kreisel wird angerissen...". So bleibt die Rakete dann auf der x-Achse und auf der y-Achse stabil.
So ungefähr funktioniert das Teil. Zerfetzt mich aber nicht, wenn meine Worte nicht präzise sind.
Gruß
Frank
--- Träume nicht dein Leben - lebe deinen Traum! Alter ist eine Zahl - keine Ausrede!
Der Kreisel stammt von einer PALR 9M14M, technische Daten siehe "http://www.rwd-mb3.de/pages/9m14m.htm", da sind auch Fotos im eingebauten Zustand zu sehen. Frank hat das schon richtig beschrieben. Die Steuerdüsen sind nur in zwei Richtungen beweglich (hoch, runter), sie werden in Abhängigkeit von der Rotationsgeschwindigkeit der Rakete immer nur Bruchteile von Sekunden in eine bestimmte Richtung über den Lenkdraht bewegt und so die Flugrichtung definiert. Ich weiß nicht, ob ich mich klar genug ausgedrückt habe, Die Lenkbewegungen sind praktisch mit der eigenen Umdrehung synchronisiert, so kann ich mit diesen starren Düsen trotzdem in alle Richtungen lenken. Das Problem mit diesen Raketen war die Entnahme von der Startschiene, wenn nicht gestartet wurde. Wie Frank schrieb, wurde der Kreisel über ein Stahlband beim Start in Rotation versetzt. Wurde beim entnehmen der entsprechende Knopf an der Startschiene nicht betätigt, wurde diese Verbindung nicht getrennt und das Stahlband des Kreisels angezogen, somit die Grundeinstellung für Start verändert und die Rakete unbrauchbar. Ihr könnt euch ja vorstellen, wenn die Besatzung das erste Mal eine scharfe PALR in der Hand hatte, ging ihnen die Düse, es war ja jedesmal ein Trabant, der da fliegen sollte. So musste der Offz. für Munition (Maj. Baus) regelmäßig das Auf- und Abmunitionieren dieses Teiles mit Ex-Raketen zeigen und üben, leider nicht immer mit Erfolg. Eine defekte Rakete war immer auch ein BV.
Wie bin ich zu diesem Kreisel gekommen? Nach dem großen Unfall beim Sammeln von gestarteten PALR mussten diese nach dem Schießen geborgen werden. Wer eignete sich am Besten dazu? Na der Offz. für Munition, der wußte ja, wie sie aussehen. Also trabte ich mit ner ganzen MSG die drei bis 4 km und suchte und fand natürlich. Die kamen dann auf einen LKW zur zentralen Sammelstelle, ich hatte mir ein, zwei abgezweigt, denn der Kreisel sollte ja noch in Ordnung sein. Das meist gesuchte Objekt der Mot-Schützen lag dann bei mir oben im Munitionsarbeitshaus in der Munizone. Dann wurde erstmal gaaanz vorsichtig, der Gefechtskopf abgenommen, die Zünderdrähte waren ja schon durchgekniffen und beiseite gelegt. Der Rest war eigentlich nur Schrott, ausgebrannt und deformiert. Dann ruck zuck, Kreisel ausgebaut und fertig. Hm, was mach ich nun mit der Hohlladung? Die Haube war ja auch zerstört und verbogen, da rieselte das rosafarbene Hexogen schon raus. Man hat sehr schön die ringsherum verteilten Piezoelemente gesehen, die beim Aufschlag den elektrischen Zündfunken erzeugt hätten. Aber wir warfen ja jedes Halbjahr eine ganze Reihe Handgranaten mit vielen Versagern. Also hab ich meinem Feuerwerker, Uffz. Meißner, gesagt, beim nächsten Versager sprengen nimmst du das rosa Zeug mit und legst es dazu. Hat er gemacht, am nächsten Morgen fragte er nur, was war das für ein Zeug, es knallte fürchterlich. Ich hab ihn dann eingeweiht, Hexogen ist eben ein hochbrisanter Sprengstoff!